2011
124 (4/2011)
KATI HEINRICH, THOMAS JEKEL, LARS KELLER & HERBERT PICHLER: Der Diskurs lebt! (S. 1-2)
Eine Reaktion auf den Beitrag von Mirka Dickel, der in der Ausgabe 123 veröffentlich wurde...
Der Beitrag geht Bedeutungen von Kontroversen für das Subjekt nach. Im Fokus steht die Frage, welchen Stellenwert die Kontroverse im aktuellen Geographieunterricht hat. Der Begriff Kontroverse bezeichnet einen offenen Prozess, der durch mindestens zwei miteinander unvereinbare Standpunkte charakterisiert wird. In Bezug auf eine Problemstellung wird die eigene Position durch (mindestens) eine fremde Position herausgefordert. Kontroverse Debatten und kontroverses Denken haben eine lange Tradition, die bis in die antike griechische Demokratie zurückreicht. Aus pädagogischer Sicht und aus der Perspektive der Wissenschaftsforschung wird Kontroversität eine hohe Bedeutung für Bildungsprozesse zugewiesen. Beispiele und Referenzen aus der öffentlichen Wissenschaftskommunikation und aus Geographieschulbüchern machen dagegen deutlich, dass die Potentiale von Kontroversen für Bildungsprozesse nicht ernst genug genommen werden. Wenn Kontroversen aber eine hohe Relevanz für das Mündig-Werden des Subjekts und eine konstitutive Funktion bei der Erkenntnisproduktion haben und wenn Kontroversen in der aktuellen Praxis eine Geringschätzung erfahren, dann stellen sich hinsichtlich des Umgangs mit Kontroversität neue Herausforderungen für eine aktuelle Geographiedidaktik.
„Handeln braucht Werte“ – eine Forderung, die in letzter Zeit in Politik und Wirtschaft immer häufiger eingefordert wird. In den Schulen wird diese didaktische Zielsetzung meist den Fachbereichen Religion und Ethik zugeordnet. Der Beitrag möchte die Wichtigkeit dieser Thematik für GW aufzeigen und ein methodisches Instrument – die Value-and-Knowledge-Education (VaKE-Methode) – als Möglichkeit für einen pluralen und kontingenten, werteorientierten GW-Unterricht in Erinnerung bringen.
KURT SCHARR: Das (rumänische) Banat (S. 41-60)
Das Banat (ung. Bánát, rum. / serb. Banat) zählt – nicht zuletzt auf Grund seines Facettenreichtums sowohl in landschaftlicher, historischer als auch gesellschaftlicher Hinsicht – mithin zu den faszinierendsten Räumen Südosteuropas. Gelegen an einem kulturellen Übergangs- und Transitraum lässt sich anhand dieser relativ jungen historischen Region (vgl. Textkasten 1), die heute keine territorialpolitische Einheit mehr formt, Konstruktion, Besiedlung, Konsolidierung, frühe Industrialisierung und Neugestaltung durch die Transformationsprozesse seit 1989 darstellen. Die damit angesprochenen Auswirkungen auf Gesellschaft und Raum stehen vielfach exemplarisch für den gesamten rumänischen Staat, ohne jedoch dabei auf die Individualität dieser Region selbst zu vergessen (vgl. Rieser 2001).
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Die Literatur und meine Beobachtungen zeigen, dass das Geographiebuch einen sehr hohen Stellenwert im Schulalltag einnimt. Das GW-Buch ist ein kompaktes Informations- und Arbeitsmittel, verknüpft unterschiedliche Medien miteinander, hat eine Entlastungsfunktion für die Lehrerin und Lehrer, es bestimmt und lenkt als Leitmedium den Unterricht und ist somit der heimliche Lehrplan vieler Unterrichtender (vgl. Lenz 2008, S. 184; vgl. Bullinger et al. 2005, S. 67). Die empirische Untersuchung von Goetz (1996) zeigt, dass das Schulbuch in der Unterstufe mit 87,4 % und in der Oberstufe mit 67,1 %, dass am häufigsten verwendete Unterrichtsmedium ist (vgl. Goetz 1996, S. 29).
In diesem Artikel wird aber nicht darauf eingegangen, ob dies nun positive oder negative Auswirkungen auf den Unterricht hat, sondern die enorme Wichtigkeit eines „guten“ Schulbuches soll hervorgehoben werden.
Neuerungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die rasche Verbreitung des Internets haben in den vergangenen Jahren das Kommunikationsverhalten in unserer Gesellschaft stark verändert. Austausch- und Diskussionsprozesse erfolgen vermehrt auf digitalem Weg u. a. als soziale Geokommunikation. Informationen werden dabei in Form von Texten, Fotos, Video- und Audiodateien sowie in zunehmendem Maße durch Web-Karten in Blogs und Foren im Rahmen von Online Communities (Social Webbing) vermittelt.
Der Gebrauch von Computer, Internet, Multimedien und Karten sowie die zunehmende Digitalisierung von Kommunikationsprozessen, verlangen von Schüler/innen die Ausbildung neuer Methoden- und Medienkompetenzen. Ein Werkzeug für den digitalen Informationenaustausch, welches hilft diese Fähigkeiten zu erwerben bzw. auszubauen, ist TripLine. Die gute Handhabbarkeit prädestiniert diese Web-Anwendung für den Einsatz im GW-Unterricht. Schüler/innen können an den Umgang mit Web-Karten und Web-Mapping-Tools sowie an die Diskussion über raumbezogene Fragestellungen im digitalen Umfeld herangeführt werden. In diesem Beitrag wird zum einen das Konzept der sozialen Geokommunikation im Allgemeinen und zum anderen das Werkzeug TripLine im Besonderen vorgestellt.
HARTWIG HITZ & ALFONS KOLLER: GW und Informatik (S. 82-83)
Mehr als 15 Jahre war an dieser Stelle die Rubrik GW und Informatik zu lesen; zuerst von Kurt Trinko gestaltet, dann seit 1999 (von GW-Unterricht Heft 74 bis 122) von Elke Gabriel (Wöss), Martin Leitner, Hartwig Hitz und Alfons Koller aufbereitet.
Der Pluralität an Ideen und Personen möchte das Herausgeber/innen- bzw. Redaktionsteam von GW-Unterricht nun vermehrt Rechnung tragen, sodass alle personenbezogenen Rubriken (GW und Informatik, Zeitschriftenspiegel) aufgelöst und in die neue Kategorie Service überführt wurden.
123 (3/2011)
HERBERT PICHLER & LARS KELLER: Bildung mitgestalten... (S. 1-2)
Die Logiken der Standardisierung und die der kritischen Bildungstheorie sind an je eigene Begrifflichkeiten gebunden. Umgekehrt reproduzieren diese Begrifflichkeiten diese Logiken wiederum. Da sich Mirka Dickel mit diesem Thema mehrfach über die Grenzen der Logiken hinwegbewegt, kommt es zu sprachlichen Verwerfungen. Dies stellt eine Schwierigkeit der folgenden Darstellung dar. Zur begrifflichen Verwirrung trägt zudem bei, dass sich die Standardisierungsbefürworter auf die pädagogische Semantik der Bildung berufen, obwohl sich das neue gesellschaftliche Interesse an Bildung aus ganz anderen als pädagogischen Quellen speist. Daher ist das Vorhaben, erziehungswissenschaftliche Vorbehalte und Kritik an der Bildungsreform zu üben, durch enorme begriffliche und logische Probleme gekennzeichnet.
Ist das „System-Schule“ an der Basis gewohnt, auf vorgegebene Wünsche der Unterrichtsverwaltung systemspezifisch, jeweils unter einem gewissen Zeitgeist von Veränderungen und unterschiedlichen Strömungen – diese aber den Zwängen der Praxis irgendwie folgend – zu interpretieren bzw. darauf an den Schulstandorten auch unterschiedlich zu reagieren. Das kann Gewohnheiten tradierendes Beharren mit verwässernden Alibiaktionen sein, aber auch Chance auf (pädagogische bzw. fachdidaktische) Verbesserung bedeuten. Wir sollten letzteres in der zukünftigen Neuen Matura sehen!
Nachvollziehbar messen statt subjektiv schätzen – neue methodische Ansätze zur Quantifizierung von Klimafolgen im Hochgebirge
Der alpine Raum stellt hinsichtlich seiner vielseitigen Wandlungs- und Interaktionsprozesse von Natur und Gesellschaft sowie den daraus resultierenden Folgeerscheinungen eine Herausforderung für Wissenschaftsbereiche verschiedener Disziplinen dar. Neben den physikalischen Bereichen, wie beispielsweise der Klimafolgenforschung (Gletscher- und Permafrostrückgang) ist auch die Erforschung von sozioökonomischen Veränderungen im Gebirgsraum (z. B. Siedlungsentwicklung) von hohem Interesse. Da aber gerade der Alpenraum ein Bereich ist in dem flächendeckende Datengewinnung meist als Folge von topographischen Faktoren stark limitiert wird, bilden Stichproben, Hochrechnungen (Interpolationen in die Fläche) und daraus erstellte Statistiken häufig die wichtigste Entscheidungsgrundlage für politische, umwelttechnische und wirtschaftliche Maßnahmen. Um diese Informationslücken zu reduzieren kommen vermehrt Fernerkundungstechnologien zum Einsatz. Doch auch diese können aufgrund der Geländegegebenheiten (hoher Abschattungsgrad, Verzerrung aufgrund starker Höhenunterschiede) in den Alpen meist nur eingeschränkt zu detaillierten Analysezwecken verwendet werden. Zentrales Thema des dritten Beitrags der Reihe „Nachvollziehbar messen statt subjektiv schätzen“ ist deshalb die großflächige, detaillierte Detektion ausgewählter Nutzungsformen im alpinen Raum, basierend auf einer Kombination von Fernerkundungsdaten, welche als Grundlage für weitere Analysen und Auswertungen genutzt werden.
Trotz umfassender internationaler Bestrebungen, den drohenden Klimawandel durch Verringerung der CO2-Emissionen abzuschwächen, scheint das Ziel, die klimarelevanten Treibhausgase auf einem vertretbaren Niveau zu halten, in weiter Ferne. Eine Lösung des Problems wäre allerdings bald nötig, falls, wie von manchen Wissenschaftlern vermutet, das Überschreiten klimatischer Schwellenwerte zu nichtlinearen Reaktionen des Klimas führt. Das wiederum würde dann die Auswirkungen des Klimawandels noch unberechenbarer und schwerwiegender gestalten. Vor diesem Hintergrund weckte der Nobelpreisträger Paul Crutzen 2006 mit seinem Artikel „Albedo enhancement by stratospheric sulfur injections: A contribution to resolve a policy dilemma?“ neues Interesse an einer möglichen Lösung für das Problem: das sogenannte „Geoengineering“, also die „vorsätzliche, großräumige Manipulation der globalen Umwelt“. Der vorliegende Artikel befasst sich mit Ansätzen des Geoengineerings, die dem durch Treibhausgase verursachten Klimawandel entgegenwirken.
KATRIN KRONBICHLER: Von der traditionellen Volkszählung zur Registerzählung (S. 64-75)
Mit dem Abschluss der Volkszählung 2001 endete die Ära der traditionellen Fragebögen. Bereits im Juni 2000 beschloss der Ministerrat, die nächste Zählung in Form einer Registerzählung durchzuführen. Dafür werden die Daten aus 15 Registerbereichen mit Hilfe eines anonymisierten Schlüssels, dem „bereichsspezifischen Personenkennzeichen“, verknüpft. In einem Testlauf 2006 bestätigte sich die Qualität dieser Methode, und die dabei ermittelte Bevölkerungszahl wurde schließlich für das Finanzausgleichsjahr 2009 herangezogen. Die Methode Registerzählung überzeugt nicht nur durch eine enorme Kostenersparnis, sondern auch durch verbesserten Datenschutz. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet die neue Methode, dass keine Erhebungsbögen mehr ausgefüllt werden müssen.
ANDREAS NEYER: Unsere Pensionen in Gefahr? (S. 76-85)
Mit Hilfe der hier präsentierten Schulbuch Doppelseite sollen Schüler/innen in der Lage sein, die aktuelle Debatte über die zukünftige Finanzierbarkeit des Pensionssystemes zu verstehen und kritisch zu hinterfragen. Damit verbunden sollen sie erkennen, dass demographische Prognosen mit gewissen Unsicherheiten verbunden sind, die aber in der aktuellen Pensionsdebatte oftmals nur verkürzt wiedergegeben werden. Durch Arbeitsaufgaben angeleitet sollen die Schüler/innen die angebotenen Materialien selbstständig analysieren und durch intensives Auseinandersetzen mit verschiedenen Grafiken und Texten ein besseres Verständnis der Problematik erlangen. Durch die Verwendung von Operatoren sind die Aufgaben klar formuliert und deren Anforderungsbereiche definiert. Insgesamt werden alle drei Anforderungsbereiche abgedeckt, wobei der Schwerpunkt aber auf den höherwertigen Bereichen II und III liegt.
Digitale und v.a. interaktive Karten haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen; sowohl im Alltag als auch in professionellen Kontexten und v.a. auch im (geographischen) Bildungsbereich. Im schulischen Umfeld geschah und geschieht dies meist über digitale Globen und Geobrowser. Eine weitere innovative Option, digitale kartographische Medien im Schulunterricht oder in anderen Bildungsmaßnahmen zu nutzen, sind interaktive Internetkarten und die damit in Zusammenhang stehenden WebMapping-Tools. Sie bieten neben unterschiedlichen Verfahren zur interaktiven Beschäftigung mit räumlichen Problemstellungen auch die Möglichkeit, Fähigkeiten im Umgang mit Geodaten und Geomedien zu fördern. In diesem Beitrag werden zum einen die stetig steigende Relevanz interaktiver Kartographie sowie Argumente und Vorteile für den Einsatz von WebMapping im Bildungsbereich skizziert. Zum anderen werden Funktionalitäten und Eigenschaften ausgewählter WebMapping-Anwendungen vorgestellt und verglichen. Vorteile ihrer Verwendung gegenüber einem Einsatz digitaler Globen werden thematisiert. Die Leser/innen werden zudem eingeladen, ihre Erfahrungen mit der detailliert vorgestellten WebMapping-Applikation ScribbleMaps in einer eigens eingerichteten Facebook-Gruppe zu teilen und dort selbst produzierte Karten als Grundlage für Diskussionen und Ideenfindungen im Bildungsrahmen zu veröffentlichen.
Buchbesprechungen (S. 100-104)
Tagungsbericht: Fachdidaktiktag am 26.10.2011 im Rahmen der IMST-Tagung in Graz (S. 105)